Bericht der Nürtinger Zeitung vom 07. Oktober 2013,
von Heinz Böhler
Blagoy Filipov zog die Konzertbesucher im Forum Türk in seinen Bann. Foto: heb
NÜRTINGEN. Über zwei volle Jahrhunderte erstreckte sich der Rahmen, den der Stuttgarter Pianist Blagoy Filipov seinem musikalischen Programm setzte, als er am Freitagabend am Flügel des Nürtinger Forums Türk Werke von Johann Sebastian Bach, Frédéric Chopin, Claude Debussy und Sergej Rachmaninow intonierte.
Für zwei Stunden nahm der gebürtige Bulgare sein gut 40-köpfiges Publikum mit auf einen Spaziergang durch die Gefilde von Barock und Romantik. Auf Musik von dem in der Ankündigung ebenfalls erwähnten Richard Wagner, kündigte die Vorsitzende des Trägervereins Forum Türk, Els Junginger, in ihrer Begrüßung an, werde man verzichten müsse, da Wagner keine Klaviermusik geschrieben habe.
So begann der Klavierabend in den Galerieräumen des Forums mit den vier Sätzen von Bachs englischer Suite Nr. 5 in e-Moll, die der Eisenacher Meister während seiner Zeit in Weimar, also wohl um 1715, für das Cembalo komponiert hatte. Nahezu ein ganzes Jahrhundert später wurde Frédéric Chopin geboren, dessen Etüden und Fantasien die nächste Station der Zeitreise waren, auf die Blagoy Filipov seine Zuhörer mitnahm. Besonders seine Interpretation der berühmten und immer wieder gern gehörten Polonaise in As-Dur kam beim Publikum bestens an und bescherte dem Künstler einen Riesenapplaus. Danach hatten die Gastgeber kulinarische Leckereien und Getränke bereitgestellt, denen auch tüchtig zugesprochen wurde.
Auf die Pause folgte ein weiteres Stück von Chopin und darauf das „Claire de Lune“ aus der 1890 entstandenen Klavier-Suite „Bergamasque“ von Claude Debussy. Auch diese, dem „Mondschein“ gewidmete Komposition löste Begeisterung in den Reihen der Zuhörerschaft aus, was dem Finale des Abends, den drei Sätzen „allegro agitato“, „non allegro, lento“ und „molto allegro“ der „Sonate Nr. 2 in b-Moll“ des russischen Spätromantikers Sergej Rachmaninow ein wenig Abbruch getan haben mochte.
Da perlten keine silbern schimmernden Mondstrahlen durchs nächtliche Zimmerfenster. Da hielt eher die viel besprochene russische Seele Einzug in den herbstlichen Abend in der Sigmaringer Straße. Hier fand der energische und dennoch gefühlvolle Anschlag des Pianisten seine Erfüllung. Das konnte dem Publikum natürlich nicht entgehen und es feierte den Künstler wie das soeben von ihm interpretierte Werk nach Gebühr und erließ ihm keineswegs die vehement geforderte Zugabe, die er mit einem verschmitzten Lächeln als eine Art Entschädigung für „alle diejenigen, die wegen Wagner gekommen sind“ ankündigte.
Kurzfristig habe er eine Canzone aus Wagners Bühnenwerk „Rienzi“ einstudiert, welche von dem „sehr guten Pianisten“ Franz Liszt, Wagners Schwiegervater, mit ein paar Hundert zusätzlichen Noten für einen pianistischen Vortrag aufgepeppt worden war. Jener Kurzfristigkeit geschuldet hatte der in Stuttgart lebende Sänger und Pianist nicht nur Noten, sondern auch eine bezaubernde junge Dame mitgebracht, die jene für ihn umzublättern verstand. Tosender Applaus verabschiedete darauf einen Tastenvirtuosen, dem Els Junginger von ganzem Herzen ein „beehren Sie uns bald wieder mit Ihrer Kunst“ hinterherrief.