Kleinplastiken von K. H. Türk im Forum Türk: Eine Ausstellung gibt auch Anlass zum Schmunzeln
VON ECKHARD FINCKH
NÜRTINGEN. Es dürfte eine einmalige Ausstellung sein, die am Sonntag im Nürtinger Forum Ilse und K. H. Türk eröffnet wurde, denn hinter der Präsentation der 26 äußerst fragilen und aus feinsten Details bestehenden Skulpturen aus Bronze steckt nicht nur eine konzeptionelle, sondern auch eine aufwendige logistische Meisterleistung. Die zusammengetragenen Objekte stammen teils aus dem künstlerischen Erbe, teils aus Privatbesitz.
Den äußeren Anlass für die Ausstellung erklärte Hans Peter Bühler, Erster Vorsitzender des Forums Türk, bei seiner Begrüßung. Es ist der Ankauf der Kleinplastik „Die Bogenschützen“ durch die Stadt Nürtingen. Das Werk wurde gleichzeitig als Dauerleihgabe dem Forum zur Verfügung gestellt. Es wird in der Ausstellung nun in den Kontext der ganzen Werkgruppe „Kleinbronzen“ gebracht.
Karl Heinz Türk, unermüdlicher Bildhauer und treibender Motor bei der Gründung der Freien Kunstschule Nürtingen (1976), dann Professor an der Fachhochschule für Kunsttherapie, wandte sich erst in den 1990er-Jahren in der Spätphase seines Schaffens einer völlig neuen künstlerischen Ausdrucksweise zu. Professor Dr. Albrecht Leuteritz machte in seiner fachkundigen Einführung klar, welchen qualitativen Sprung der Künstler ausführte.
Mit Humor oder Sarkasmus in alltägliche Szenerien eingetaucht
Nach langem Umgang mit „schwerlastenden“ Formen der Plastik, die sich durch Geschlossenheit, „Blockhaftigkeit“ und Abstraktion auszeichneten, nach der Erkundung geistiger Kräfte in seinen symmetrisch geformten Meditationsobjekten aus Messing (fünf davon sind in die Ausstellung integriert), zeigte sich Türk ab diesem Zeitpunkt überraschenderweise als „Komödiant“: Er tauchte mit Humor oder auch Sarkasmus in alltägliche Szenerien ein. Er betrachtete Menschen in der Welt des Sports oder im Zirkus. Er hatte plötzlich Spaß daran, verspielte, realistische Kleinplastiken aus Bronze zu schaffen.
Leuteritz öffnete den Ausstellungsbesuchern die Augen für zweierlei Arten der dabei entstandenen Skulpturen. Das künstlerische Medium der Skulptur zeigt einen festgehaltenen Augenblick. Die Figuren sind gewissermaßen „eingefroren“, die Zeit steht still. Die dazugehörende Handlung davor und danach muss sich der Betrachter selbst erschließen. Diesem Prinzip ist ein Teil der Türk’schen Kleinbronzen verpflichtet. Handlung zu erschließen fällt beispielsweise bei der „Familie beim Fernsehn“ nicht schwer. Die Menschen starren auf den Bildschirm. Sie sitzen in einem Käfig. Außen herum turnen Affen auf Bäumen. Die satirische Wirkung dieser Umkehrung ist offensichtlich.
Bei „Auf der Treppe“ oder „Hängematten im Wald“ muss man allerdings eher etwas genauer hinsehen und sich einen narrativen Zusammenhang bilden. Das Sozialverhalten der Figürchen entschlüsselt sich erst nach und nach. Die „Gruppe Zirkus“ (das größte ausgestellte Werk) lohnt Verweilen und genaues Studieren der unzähligen Details.
Die zweite Art der Kleinbronzen bietet einen anderen künstlerischen Ansatz, der möglicherweise in der Kunstgeschichte revolutionär ist. Hier wurde das Prinzip des Augenblicks gewissermaßen besiegt. Bewegungsabläufe (vorwiegend aus dem Sport) werden in ihrer Dynamik erfasst, wie es technisch die photographische Einzelbildschaltung kann (oder das Prinzip „Daumenkino“). Eine ungewohnte Sehweise entsteht. Man kommt in die Nähe serieller Kunst.
In den „Bogenschützen“ vervielfältigen sich die Pfeile in filigraner Leichtigkeit, bis sie auf die Zielscheiben treffen. Die „Stabhochspringer“ sind mit ihrer Körperbeherrschung in fortlaufenden Bewegungsstudien zu sehen, die für manchen Trainer interessant wären.
Auch Oberbürgermeister Otmar Heirich fühlte sich beim Betrachten der kinematografisch wirkenden Skulpturen prompt an seine sportliche Betätigung (und „kindliche Begeisterung“) in der Jugend erinnert. Er hatte in seinem Grußwort Nürtingen als Ort der Kreativität und Inspiration beschworen und dem Forum Türk gratuliert, dass es mit dieser Ausstellung einen solch hohen Stellenwert erreichte.
Das Vernissage-Publikum konnte nach den Wortbeiträgen noch vier collagenhafte Klangkompositionen von Wolfram Weese hören, die sich mit vier konkreten Skulpturen auseinandersetzten. In Ergänzung zu den Kleinbronzen sind außerdem von Türk inspirierte Fotografien von Helmut Frommer zu sehen.
Öffnungszeiten in der Sigmaringer Straße 14: bis 26. Juli immer samstags und sonntags jeweils von 14 bis 17 Uhr